„Kochen für Weltbürger“ feiert Premiere in Nürnberg

Kolpingfamilie Nürnberg lädt ein / Schwerpunktland Eritrea

Mit den Händen zu essen ist an diesem Abend im Kolpinghaus für viele Deutsche noch ungewöhnlich. Doch einem Nürnberger am Tisch gelingt es schon sehr gut, mit dem traditionellen Injera-Brot aus Eritrea, Gemüse und Fleisch zu umwickeln und geschickt Richtung Mund zu balancieren. Einige junge Männer aus dem ostafrikanischen Land Eritrea nicken anerkennend. „Kochen für Weltbürger“ heißt das neue Projekt der Kolpingfamilie Nürnberg, bei dem Menschen aus aller Welt gemeinsam mit Deutschen leckere Speisen zubereiten. „Essen verbindet die Menschen und dieses Konzept passt sehr gut zur Kolpingfamilie“, sagt die Vorsitzende der Kolpingfamilie Nürnberg-Zentral und pädagogische Mitarbeiterin im Kolpinghaus Nürnberg, Sabine Schenk Schäfer.

Ihr Kollege Niklas Rohlff, ebenfalls pädagogischer Mitarbeiter im Kolpinghaus Nürnberg, hat die Idee aus Coburg importiert. Vor vier Jahren hatte dort die Studentin Annemarie Ammer das Format „Kochen für Weltbürger“ im Jugendzentrum Coburg etabliert. In der Zwischenzeit wurde in Coburg der Verein Schmetterlingseffekt gegründet – dieser hatte der Kolpingsfamilie Nürnberg die Genehmigung erteilt, unter dem Label „Kochen für Weltbürger“ den Abend gestalten zu dürfen. Zentrales Thema an diesem Abend: Eritrea.


Schon einen Tag vor der Veranstaltung waren die rund zehn ehrenamtlichen Köchinnen und Köche aus Eritrea und Deutschland in die Küche des Nürnberger Kolpinghauses angerückt: Sie schnitten unzählige Zwiebeln, setzten das Fleisch auf, schnippelten Gemüse und Salat. Für rund 100 Personen wurde das landestypische Essen aus Eritrea zubereitet. Einen Tag später drängeln sich die Gäste am Buffet – dort gibt es zwei Fleischgerichte, die dem europäischen Gulasch ähneln. Auch zweierlei Arten von pürierten Linsen gesellen sich dazu, die mit einer pikanten, veganen Sauce auf Paprikabasis serviert werden. Daneben gesellt sich noch ein Kartoffel-Karottengemüse. Die Speisen werden von den eritreischen Frauen am Buffet auf das pfannkuchenartige Injera-Brot platziert. Eigentlich sollte man das kulinarische Gesamtkunstwerk mit den Händen essen – doch viele Gäste greifen dann doch lieber zu Messer und Gabel.

Unter den Gästen sind auch viele junge Leute, Schüler und Auszubildende, die im Kolpinghaus Nürnberg wohnen. Das Haus ist ein Jugendwohnheim mit über 250 Plätzen für Auszubildende und Schüler. Junge Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Religionen und Weltanschauungen finden hier einen günstigen Wohnraum mit gesunder Verpflegung und sozialpädagogischer Begleitung.

Nach der Begrüßung durch Sabine Schenk-Schäfer folgt ein Vortrag einer jungen Frau aus Eritrea über ihr Heimatland. Die Gäste erfahren, dass in dem ostafrikanischen Land am Roten Meer Christen und Muslime friedlich zusammen leben. In dem Land mit rund 6,3 Millionen Einwohnern gibt es neun ethnische Gruppen – die meisten Eritrea an diesem Abend in Nürnberg gehören der Volksgruppe der Tigrinya an. Die Hauptstadt Asmara zählt rund 650.000 Einwohner. Laut Amnesty International bilden Flüchtlinge aus Eritrea die drittgrößte Gruppe unter den Menschen, die über das Mittelmeer nach Europa fliehen. Sie wollen, so AI, dem unbefristeten Wehrdienst entkommen, der staatlicher Zwangsarbeit gleichkommt. Laut Amnesty werden Jungen und Mädchen bereits ab 16 Jahren eingezogen, selbst Menschen über 50 werden erneut zwangsverpflichtet. Häufig werden die Menschen dann zu staatlicher Zwangsarbeit gezwungen, berichtet das Hilfswerk.

Diese Probleme sind jedoch bei „Kochen für Weltbürger“ an diesem Abend kein Thema: Nürnberger, ein Afghane und mehrere Menschen aus Eritrea genießen nach dem opulenten Mahl bei einer landestypischen Kaffee-Zeremonie frisch gebrauten Mokka. Hier kommen sie ins Gespräch – die Weltbürger. Zu erzählen sie viel.

Infos: Kolpinghaus Nürnberg, Kolpinggasse 23-27 (bei der Straße der Menschenrechte), Telefon 0911 / 206920, Internet: www.kolpinghaus-nuernberg.de


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