Ostermayer-Ära endet nach 16 Jahren in St. Bartholomäus

Ein Wöhrder mit Leib und Seele

Ostermayer-Ära endet nach 16 Jahren in St. Bartholomäus / Verabschiedung am 15. Januar 2017

Von Sebastian Müller

Der erste Pfarrer von St. Bartholomäus Wöhrd, Hannes Ostermayer (63) ist am Sonntag, 15. Januar 2017, offiziell entpflichtet und verabschiedet worden. Damit endet nach über 16 Jahren eine Ära in der Gemeinde.


Nürnberg-Wöhrd (sem) Selten zeigen die Wöhrder große Gefühle. Doch an diesem Silvestergottesdienst hat dann doch der eine oder andere feuchte Augen. Alle vier Glocken der Bartholomäuskirche läuten, die Gemeinde singt stehend „Nun danket alle Gott“. Es ist der letzte offizielle Gottesdienst von Hannes Ostermayer im Amt des ersten Pfarrers. Eine Ära geht nach 16 Jahren und sechs Monaten zu Ende, das wissen die Wöhrder nun. Und auch für Hannes Ostermayer ist dies ein emotionaler Moment.

Ostermayer ist für die Wöhrder mehr als nur der Pfarrer. Er ist einer von ihnen – geworden. Er ist einer, der Traditionen nicht einfach abschafft, sondern weiter mit ihnen arbeitet. Und er ist einer, der Neues behutsam angeht – auch das ist wichtig in Wöhrd, das hat Ostermayer von Anfang an gespürt. Viele Wöhrder danken es ihm. „Meine Amtszeit ist geprägt von Tradition und Neubeginn, von Bewahrung und Öffnung“, sagt der 63-jährige Theologe einige Tage nach dem bewegenden Silvestergottesdienst in seinem bereits völlig leer geräumten Amtszimmer. Er erzählt dabei von unzähligen Gemeindeprojekten, die ihm wichtig waren und sind: Die Wöhrder Kirchweih hat er gemeinsam mit dem Vorstadtverein für die nächsten fünf Jahre gerettet, sie aufgewertet und stets an ihren eigentlichen Ursprung, den 24. August, dem Gedenktag des Wöhrder Patrons St. Bartholomäus erinnert.

Dem Kirchenbauverein ist Ostermayer bei Amtsantritt im April 2000 sofort beigetreten: „Dieses Selbstbewusstsein der Wöhrder und ihr Stolz auf ihre Bartholomäuskirche hat mich gleich von Anfang an beeindruckt“, sagt er heute. Die bereits gut eingespielte Ökumene mit St. Josef und den Methodisten setzt Ostermayer ebenso fort wie die Eine-Welt-Arbeit.

Nie zur Routine wurden in der alltäglichen Arbeit für den Pfarrer in den vergangenen über 16 Jahren die 120 Taufen, 45 Trauungen, knapp 400 Bestattungen und rund 500 Gottesdienste. „In meinem Beruf als Pfarrer habe ich die ganze Fülle des Lebens mitbekommen, das ist auch das Schöne an diesem Beruf. Ich war und bin getragen von Gott. Es geht und ging mir immer um Menschlichkeit, statt um Perfektion“, sagt er im exklusiven Gespräch mit dem Stadtanzeiger. „In der Verkündung habe ich auch nie mehr gesagt als ich selbst einlösen kann. Mir war immer die Botschaft vom menschenfreundlichen, liebenden Gott wichtig, der mich nimmt, wie ich bin, der mich aber auch immer wieder herausfordert und auf den Nächsten weißt.“

Herausforderungen gab es für den gebürtigen Nürnberger reichlich: Als 2003 von der Landeskirche neue Sparzwänge verordnet werden, nimmt der Pfarrer die Konfirmanden-Eltern an die Hand, organisiert Stammtische und gewinnt mehr und mehr Ehrenamtliche. Statt zu jammern packt er eben an: Er etabliert einen Offenen- und einen Lauftreff, einen Bibelkreis und setzt auch in der Kirchenmusik neue Akzente. Der ständige Spagat zwischen Bewahrung und Aufbruch – er gelingt fast immer. Am Gemeindehaus wird ein neuer Fahrstuhl angebaut, der Außenbereich beim Kindergarten verschönert. In der Jugendarbeit wird enger mit den Maxfeldern zusammen gearbeitet. Am Projekt „Offene Kirche“ beteiligen sich viele Ehrenamtliche, genauso wie bei der „spirituellen Nacht“. Auch in der Flüchtlingshilfe engagieren sich viele Freiwillige.

Trotz aller Sparzwänge: Der Diakonieverein Maxfeld-Wöhrd zahlt der ambulanten Diakonie-Station zehn zusätzliche Stunden für die Gemeindeschwester, die so mehr Zeit für die Menschen hat. „Das ist ein guter Kompromiss, so bleibt Diakonie auch ein Stück weit in der Gemeinde“, betont Ostermayer, der sich auch sechs Jahre als stellvertretender Dekan des Prodekanats Nürnberg Nord und lange Jahre im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (AcK) eingebracht hat.

Auch auf dem Wöhrder Friedhof treibt er Neuerungen an, weil der Trend mehr zur Feuerbestattung geht: Geschaffen werden innovative Grabfelder für Urnen. Der Friedhof mit rund 2200 Grabanlagen schreibt schwarze Zahlen. Hannes Ostermayer bleibt mit seiner Ehefrau Pfarrerin Vera am Wöhrder Friedhof wohnen – ausgerechnet, und bleibt Gemeindemitglied in St. Bartholomäus. Die beiden erwachsenen Kinder sind längst aus dem Haus. Vera Ostermayer wird täglich nach Fürth zu ihrem Dienst in St. Paul fahren. Für Hannes Ostermayer bleibt nun Zeit für seine Hobbys Musik, Sport und Kabarett. Auch will er sich ehrenamtlich bis zum Dienstbeginn seines Nachfolgers um die Sanierung des Totengräberhauses auf dem Friedhof aus dem Jahr 1529 kümmern – rund 130.000 Euro sind dafür noch nötig. Hannes Ostermayer ist eben ein Wöhrder – mit Leib und Seele.

 


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