Neuer Parkplatz-Ärger in Wöhrd

WÖHRD – Nach über 50 Jahren hat die Stadt Nürnberg die Park-Regeln in der Wöhrder Kreuzgasse geändert: Statt ihr Vehikel dort wie gewohnt halbseitig auf dem Bürgersteig abzustellen, müssen die Anwohner seit Anfang September auf der östlichen Straßenseite komplett auf der Fahrbahn parken. Kürzlich hagelte es durch die Kommunale Verkehrsüberwachung erste Strafzettel. Einige Anwohner haben sich empört an den Stadtanzeiger gewandt.

Wer den idyllischen Stadtteil Alt-Wöhrd kennt, der weiß, dass man dort viele enge Gassen findet. In den 1950er Jahren mussten dort zahlreiche Häuser schnell hochgezogen werden, um Überlebende des 2. Weltkriegs und Vertriebene aus dem Osten des ehemaligen Deutschen Reichs rasch unterzubringen. Kaum jemand dachte damals daran, zahlreiche Parkplätze zu schaffen – die heute im Jahr 2016 in Alt-Wöhrd oft zur Mangelware werden. Besonders die Menschen in der Wöhrder Kreuzgasse arrangierten sich, parkten so, dass alle meistens zufrieden waren und hätten glücklich weiter gelebt, wenn ihnen eine städtische Behörde Ende September nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Es hagelte Bußgelder, weil man falsch geparkt hatte. Einige Wöhrder hatten in ihrer Gasse Ordnungswidrigkeiten begangen. Die betreffende Gasse bietet einen idyllischen Blick auf die Bartholomäuskirche. Links, auf der westlichen Seite verläuft ein Teil der Wöhrder Hauptstraße mit Anwohnerparken. Rechts, auf der östlichen Seite, lautet die Adresse Wöhrder Kreuzgasse mit frei verfügbaren Stellplätzen. Zwei Straßennamen – eine Gasse: auch das ist typisch für Wöhrd. Das Problem: Seit 50 Jahren parken die Wöhrder ihre Autos auf der östlichen Wöhrder Kreuzgassenseite halbseitig auf dem Parkplatz. Auch Erich Bleisteiner, der seit 1982 in der Gegend wohnt. „Ich parke da seit über 30 Jahren halb auf dem Bürgersteig. Und jetzt bekomme ich plötzlich einen Strafzettel? Warum wird das plötzlich geändert? Und ohne Ankündigung?“, fragt der Anwohner, der von Behördenseite über die neue Parkregelung nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Auch der Ex-Polizist Peter Petersen ist empört: „Das ist ein Unsinn. Über 40 Jahre hat sich da keiner beschwert, dass man halb auf dem Gehsteig parkt. Ich sehe da keinen Sinn darin.“ Durch die neue Parkregelung sei die Gasse jetzt viel enger. „Da kommt kein Müllauto mehr durch“, hat Petersen beobachtet. Nachgemessen hat dies sogar Hausbesitzer und Anwohner Peter Kilian. Von Außenspiegel zu Außenspiegel seien es nur 2,60 Meter. „Die Müllabfuhr würde da einen Spiegel beschädigen, die kommt da nicht mehr durch.“ Von der neuen Regelung habe auch Kilian nichts erfahren: „Niemand konnte davon ausgehen, dass man nach 60 Jahren nicht mehr halbseitig auf dem Gehsteig parken darf.“ Er habe vor seinem eigenen Haus ebenfalls einen Strafzettel erhalten – werde die Gebühr aber nicht bezahlen. „Ich werde Widerspruch eingehen – und klage wenn nötig durch alle Instanzen“, kündigt Kilan an. Dazu kommt: Peter Kilan ist im Besitz einer „baupolizeilichen Genehmigung“ aus dem Jahr 1954. Darin wurde eindeutig geregelt, dass man vor seinem Haus – seine Einfahrt zeigen sogar weiße Markierungen an – zu einem Drittel auf dem Bürgersteig und zu zwei Dritteln auf der Straße parken muss. Kilian will mit den betreffenden Behörden – hier der Kommunalen Verkehrsüberwachung und dem Verkehrsplanungsamt einen Ortstermin vereinbaren. „Ich komme nämlich nicht mehr aus meiner Garage heraus – weil die Autos zu weit auf der Straße stehen, da kann komme ich nicht mehr rum.“ Verfestigt habe sich bei Kilian: „Seitens der Stadt gibt es kein Verständnis für die Anliegen der Anwohner.“ So habe sich die Park-Situation in Alt-Wöhrd durch die beiden Studentenwohnheime an der Gasse seit Jahren verschärft. Mit den Strafzetteln durch die Kommunale Verkehrsüberwachung habe die Stadt noch mehr Öl ins Feuer gegossen.

Markus Hübner, Geschäftsleiter der Kommunalen Verkehrsüberwachung, erklärte auf Anfrage des Stadtanzeigers, dass die Verwarnungen daher ausgesprochen wurden, weil die Beschilderung, die das „halbseitige Aufparken“ angeordnet hatten vom Verkehrsplanungsamt entfernt worden seien. „Nach der Straßenverkehrsordnung muss das Fahrzeug grundsätzlich am rechten Fahrbahnrand abgestellt werden“, teilte Hübner schriftlich mit. Die „neue Regelung“ sei mit Wegfall der Beschilderung Ende August in Kraft getreten. Allerdings habe man bereits erkannt, dass vor allem im nördlichen Bereich, also in der Wöhrder Hauptstraße, die Gasse mit der neuen Regelung zu eng werde: „Das entstandene Problem wurde durch die Stadt Nürnberg erkannt und wird behoben. Das halbseitige Gehwegparken im nördlichen Bereich wird wieder zugelassen. Südlich der neu angelegten Grundstücksufahrt zum neu gebauten Studentenwohnheim darf (mit vier Rädern) am rechten Fahrbahnrand geparkt werden“, so Hübner weiter. Unklar blieb bis Redaktionsschluss, wann die alte Regelung dort wieder per Ausschilderung eingeführt wird. Die Straße sei dort für die Zufahrt von Feuerwehr und Müllabfuhr breit genug, da auf der Westseite ein eingeschränktes Halteverbot bestehe.
Bekommen nun die Autofahrer, die im nördlichen Teil der Gasse verwarnt wurden und wo die Stadt wieder halbseitiges Gehwegparken wieder erlauben will, ihr Geld zurück? Behörden-Chef Hübner winkt ab: „Betroffene, die die Verwarnung bezahlt haben, bekommen das Geld nicht zurückerstattet. Das Verfahren ist mit der Bezahlung rechtskräftig abgeschlossen.

Den Wöhrdern wird künftig also nichts anders übrig bleiben als in ihren Gassen genau zu schauen, ob explizit ein blaues Schild angebracht ist, das halbseitiges Gehwegparken eindeutig anordnet. Wenn kein Schild zu sehen ist muss man mit allen vier Rädern auf der Straße parken – auch wenn die Gasse dadurch zu eng wird.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: