Die Welt ist bunt und nicht schwarz-weiß

Kreative Aktion macht Populismus zum Thema in der Fürther Fußgängerzone / Keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen

Von Sebastian Müller

Dekan André Hermany (links) und Komödiant Volker Heißmann machen sich gemeinsam stark gegen populistische Tendenzen. Foto: Sebastian Müller

Fürth, 23.03.2019. Ein kleines Mädchen malt gerade einen bunten Regenbogen. Daneben sind auch Musik-Noten und eine Blume zu sehen. Mitten in der Fürther Fußgängerzone findet an diesem Samstag gerade eine kreative Aktion statt: „Schau hin! – Die Welt ist bunt und nicht schwarz-weiß“ lautet der Titel der Veranstaltung. Dekan André Hermany verteilt Postkarten an Passanten, die ein Rätsel lösen dürfen: Was ist auf der Postkarte zu sehen? Eine Ente? Eine Gans? Oder doch ein Hase? Neugierig bleiben die Menschen stehen und kommen ins Gespräch, andere laufen hastig weiter. Auf einer Schautafel ist eine alte Frau abgebildet. Oder sieht man in der Illustration doch eine junge Tänzerin – oder gar beides? Für Aufsehen sorgt zusätzlich die Stelzenläuferin „Die Madame“, alias Sandra Ettling.

Ein Grund für die gemeinsame kreative Aktion von KEB, Cityseelsorge Fürth, BDKJ und EJA Fürth: Populistische Bewegungen gewinnen seit einigen Jahren in vielen Ländern der Erde, auch in Europa, Zulauf. Gerade mit Blick auf die kommende Europawahl im Mai könne laut Prognosen mit enormen Zuwächsen populistisch agierender Parteien gerechnet werden. Für viele Menschen erscheint „Populismus“ nicht mehr als Gefahr, sondern als Kern einer „echten“ Demokratie (lat. populus = das Volk) – schließlich meint Demokratie wörtlich „Herrschaft des Volkes“.  Doch wer ist dieses Volk? Gibt es überhaupt das „eine“ Volk, für das Populisten vorgeben zu sprechen? Tatsächlich sei die Wirklichkeit allerdings meistens alles andere als eindeutig – weder schwarz noch weiß, weder einfach gut oder einfach schlecht, so die Veranstalter. „Nicht nur sind viele Aspekte unserer Welt per se schon komplex, auch unsere persönlichen Perspektiven darauf sind abhängig von biographischen, sozialen und kulturellen Erfahrungen. Diese verschiedenen Perspektiven sind nicht nur Tatsache, sondern auch notwendig für das Funktionieren von Gesellschaften, den Fortschritt und die Widerstandsfähigkeit einer Gesellschaft“, heißt es in einem begleitenden Faltblatt zu der Veranstaltungsreihe (siehe Info).

„Schau hin!“: Das Team der katholischen Kirche in Fürth macht sich bei einer Straßenaktion stark gegen Populismus, also einfache Antworten auf schwierige Themen und Fragen zu haben.

Im Gespräch mit einigen Passanten befindet sich gerade Dr. Helga Melzer-Keller, Pastoralreferentin aus der Pfarrei Unsere Liebe Frau und für die City-Seelsorge. Doch was hat das Thema Populismus mit Seelsorge zu tun? „Es geht darum dort hinzugehen, wo die Menschen sind und auch Flagge zu zeigen für das, was den Menschen wichtig ist“, betont sie. Klar könne man manchmal auch verzweifeln, wenn Menschen auf komplexe Fragen einfache Antworten suchten oder viele Themen vermischten.

Derweil hat sich Komiker Volker Heißmann von der Comödie Fürth unter die Besucher am Stand gemischt und spricht gerade mit Eva Maria Steiner vom Erzbischöflichen Jugendamt Fürth (EJA) und Bund der Katholischen Jugend (BDKJ). Heißmann lobt die kreative Veranstaltung. „Es ist gut, wenn man mal aus seinem Trott rauskommt und den Menschen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert wird. Dann kann man keine Angstzustände bekommen“, sagt er. Überhaupt könne und müsse die Kirche mehr in der Öffentlichkeit präsent sein, man habe schließlich „ein tolles Produkt“. Gemeint ist sicher die gute Botschaft von Jesus Christus im Evangelium. Eva Maria Steiner betont, dass es stark auf die innere Haltung ankomme und jeder könne auf Populisten hereinfallen, egal ob Jugendlicher oder Erwachsener. „Doch ich kenne viele sehr reflektiere junge Leute, die sich viele differenzierte Gedanken über die Zukunft machen, etwa beim Thema Umwelt“, so Steiner.

Info: In einem Faltblatt informiert die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) über populistische Tendenzen in Europa und lädt zu mehreren Veranstaltungen in der Kleeblattstadt ein. So spricht zum Beispiel der Politikwissenschaftler Dr. Udo Metzinger am Donnerstag, 9. Mai, um 19.30 Uhr im Pfarrzentrum Unsere Liebe Frau, Königstraße 113 (Karlsteg) zum Thema „Der Populismus, das Netz und die Aufmerksamkeitsfalle“. Das Faltblatt gibt es online unter https://keb-anfueneu.kirche-bamberg.de


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