Anselm Grün spricht in der Gustav-Adolf-Kirche

NÜRNBERG – Der Benedektinerpater Anselm Grün hat von der Kirche einen stärkeren Fokus auf Spiritualität und Mystik gefordert. „Kirchen müssen wieder verstärkt Orte spiritueller Erfahrungen werden sonst verlieren sie ihre Existenzberechtigung“, sagte Pater Anselm Grün bei einem Vortrag am Donnerstag, 20. Oktober, in Nürnberg.

Die Glocken der evangelisch-lutherischen Gustav-Adolf-Gedächniskirche läuten leise. Das Gotteshaus ist an diesem Donnerstag fast bis auf den letzten Platz besetzt. Stille. Dann tritt der Benedektinermönch Anselm Grün ans Mikrofon und beantwortet fast eine Stunde lang die Frage „Wozu braucht es heute noch Kirche und Religion?“ In den Menschen schlummert nach Worten des Paters eine gewisse Sehnsucht nach einem „ganz anderen Ort“, den die Kirchen bieten. Und setzt fort: Hier finden Menschen Orte, wo sie nicht verzweckt werden, wo sie aufatmen können und frei von den Erwartungen der Gesellschaft sind. So sind Kirchen immer heilige Räume und stellen stets eine Provokation dar. „Ohne Kirchen wäre unsere Stadt banaler, Kirchen heiligen auch eine Stadt“, ruft Anselm Grün, der seinen Vortrag zum Abschluss des Fundraisingforums von Kirche und Diakonie hält.

Zudem braucht der Mensch Zeiten, wie den Sonntag, an denen er ruhen kann – in Asien hat Pater Anselm die Erfahrung gemacht, dass dort die Menschen unruhiger werden, wenn sie auch am siebten Tag arbeiten müssen. „Der Mensch braucht den siebten Tag als heiligen Tag, dieser Tag verwandelt auch die Gesellschaf“, formuliert der Benedektinerpater einen Appell gegen die Tendezen zu immer mehr verkaufsoffenen Sonntagen auch in Deutschland. Die Kirchen bieten aber noch viel mehr: In der Flüchtlingskrise sei die Willkommenskultur vor allem dank der Kirchen entstanden. Kirchen müssen Orte sein, an denen Menschen ins Gespräch kommen und Gemeinschaft erfahren. Zugleich fordert der 71-Jährige mehr Mystik und mehr Spiritualität in der Kirche: „Kirchen müssen wieder Orte spiritueller Erfahurng werden, sonst verlieren sie ihre Existenzberechtigung.“ Viele Menschen sind abgewandert, suchen die Spiritualität woanders. Zeit nehmen sollte man sich für Stille. Dazu ist und bleibt die Kirche natürlich auch ein Ort, wo Menschen Gott erfahren können.

Eine Absage erteilt Anselm Grün den Ratgeberbüchern, die zur Veränderung des Menschen und dazu dienen, ein Anderer zu werden . man bleibt ja doch immer der Gleiche. Entscheidender ist die Verwandlung: „Es darf alles sein, ich würdige mich, die Firma, die Kirche – alles wie es ist, ohne große Bewertung“. Immer wieder betont Anselm Grün die „christliche Realität“, die nahe am Menschen ist: Jesus heilt die Kranken, treibt Dämonen aus und weckt Tote auf. Von der Kirche muss somit auch etwas Heilendes ausgehen.

Der Theologe fordert hier eine viel positivere Theologie der Kirche, die nah am Menschen sein muss: Spuren von Gottes Schönheit kann man in der Musik in der Kunst und in der Natur finden. Die Kirche habe in der Vergangenheit den Fokus zu sehr auf Schuld und Sünde gelegt und müsse viel mehr vom Schönen und Guten, das im Menschen stecke, sprechen. Freilich gibt es auch Leid, Depressionen, doch auf diese Themen könne die Kirche mit einem therapeutischen Ansatz eine Antwort finden: In den Himmel steige nur derjendige auf, der mit Jesus in die eigene Realitiät hinabgestiegen sei. „Das verwandelt unsere Welt. Alles kann verwandelt werden.“ Dabei sei Christus kein Zauberer, der die Probleme wegzaubern kann. Heil finde nur derjendige, der sich mit Jesus seiner eigenen Realität stelle.

Als Fazit ermutigt der Benedektinerpater die Menschen, Gemeinschaft in der Kirche zu erfahren und öffentlich Zeugnis im Glauben abzulegen. Durch Diakonie und Caritas kommen die Werke der Barmherzigkeit auch öffentlich zum Ausdruck. Ohne wäre die Gesellschaft kälter. Und mit Hilfe der Kirche sei eine andere Haltung und eine humande Gesellschaft möglich.


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